Kritik: Dirty Pepi

ORF.at 15.01.2010

Die Armseligkeit des Autobahnbrückenwinkers
 
Dass zwischen dem Titel des neuen Pepi-Hopf-Programms und dem dazugehörigen Foto eine gewisse Diskrepanz besteht, ist natürlich Absicht. Es sind ja oft die äußerlich saubersten Typen, hinter deren frisch verputzter Fassade die dreckigsten Gemüter hausen. Dass allerdings weder das Foto, noch der Titel – und auch nicht die Diskrepanz dazwischen – wirklich etwas mit dem Programminhalt zu tun haben, darf kurz verwundern.
 
Spielt aber keine Rolle. Das macht Pepi Hopf selbst. Sogar derer gleich mehrere. Nach einem praktischerweise jederzeit aktuellen Anlässen anpassbaren Prolog, lädt er sein Publikum ein, ihn auf der Suche nach dem „typischen Österreicher“ in die kleine Gemeinde „Teichseiten“ zu begleiten. Wo das liegt? Nun, wenn sie am Weg zum Arsch der Welt sind, erklärt Hopf, und sie passieren das Ortseingangsschild von Teichseiten – da sind sie schon zu weit.
 
Hopf verkörpert in weiterer Folge einige Bewohner dieses Provinz-Nests. Einem nach dem anderen überlässt er für jeweils rund 15 Minuten die Bühne, um ihnen die Gelegenheit zu bieten, sich und ihre Wesenszüge und Geisteshaltungen dort der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Fast schon allegorische Gestalten charakterlicher Defizite : cholerischer Egoismus, jämmerliche Ahnungslosigkeit, skrupellose Konflikttreiberei, lächerliche Leidenschaft, xenophobe Geschäftemacherei und dergleichen mehr.
Ausgestattet mit pointenreichen Monologen voll kurioser und teilweise atemberaubend eskalierender Erzählungen haben diese durchwegs unsympathischen Hopf’schen Geschöpfe mehrheitlich einen erstaunlich hohen und durchaus breitenwirksamen Unterhaltungswert. Nicht zuletzt dank der rund zehn Programme lang weitgehend ungenutzten darstellerischen Qualitäten von Pepi Hopf. Über einen Kamm scheren lassen sie sich deshalb aber qualitativ nicht. Denn während einige wenige als hintergründige Charakterstudien angelegt sind, kommen andere als zwar funktionelle, aber doch recht flache und plakative Schießbudenfiguren daher.
 
Die vielschichtigste Figur darf den Reigen eröffnen. Und die von ihr gelegte, vielversprechende Latte bleibt bis zum Schluss unerreicht. Denn der Autobahnbrückenwinker von Teichseiten ist der komplexeste Charakter des Abends. Einer, der keine einfachen Lacher evoziert. Eine mit poetischen Zwischentönen komponierte Gestalt, die der schlussendlich abgründigen Wendungen ihres Wesens gar nicht mehr bedarf. Das tragische Dasein eines Menschen, der seine Aufgabe und Bestimmung darin gefunden zu haben glaubt, vorbeifahrenden Autos ein verlässlicher Grüßaugust zu sein, könnte allein schon abendfüllend sein. Ein dröhnendes Bild voll verzweifelt verwurzelter Einsamkeit. Übrigens zuletzt kurz thematisiert vor 5 Jahren im Programm „Heimatmelodie“ von „Malediva“, aber das hat hierzulande eh kaum einer gesehen.
 
War es Mutlosigkeit, die „Dirty Pepi“ (Regie : Leo Lukas) dazu veranlasst hat, diese Figur gleich zu Beginn auszuspielen, damit dann ungehemmt die Post abgehen kann ? So amüsant der Rest des Abends auch sein mag, als Nachgeschmack bleibt dann doch eine milde Enttäuschung. Denn was hätte aus „Dirty Pepi“ nicht alles werden können! Ein Horvath schau oba. Aber echt.
 
Peter Blau
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