Kritik: Männerhort

kabarett.at

Vier Männer im Frauenschutzbunker

Das Männerparadies ist ein heimlicher Heizungskeller. Sofern er mit gekühltem Bier und einem Fernseher für die Fußball-Übertragungen ausgerüstet ist. Mehr bedarf es nicht. Höchstens noch ein paar Gesinnungsgenossen, mit denen man ein paar befreiende Frauenfeindlichkeiten austauschen kann. Wer so ungnädig ehrlich mit den eigenen Geschlechtskollegen umgeht, wie der junge isländisch-deutsche Autor Kristof Magnusson in seiner Erfolgskomödie „Männerhort“, darf auch die Frauen über einen Kamm scheren. In den Berichten ihrer Ehemänner sind sie allesamt wahlweise Prosecco oder Baileys schlürfende Shopping-Furien.
 
Also zumindest jene vier, deren gepeinigte Gatten sich in besagtem Shoppingcenter-Heizungskeller ein gut gehütetes Refugium eingerichtet haben. Jeden Samstag treffen sie einander dort - sobald es ihnen gelungen ist, ihren einkaufswütigen Frauen unter einem Vorwand zu entkommen. Dann gibt’s Bundesliga, Dosenbier und Pizza-Service – und die Welt ist für ein paar Stunden wieder in Ordnung. „Frauen brauchen ja keine Hobbies“, konstatieren sie, „die haben ein Innenleben, mit dem sie sich beschäftigen können.“
 
Doch hinter den abgebrühten, coolen Fassaden der vermeintlich gestandenen Mannsbilder bröckelt und gärt es. Und während es Magnusson bei der Kritik an weiblichen Verhaltensweisen bei einem ohnedies nicht ernst zu nehmenden, plakativen Rundumschlag belässt, geht er mit den Herren seiner Schöpfung deutlich differenzierter ins Gericht. Ihr Grundübel ist es, dass sie mit ihren Emotionen nicht umzugehen verstehen. Und ein massives Kommunikationsproblem haben. In Wahrheit sind sie nämlich alle vier Verlierer, die verzweifelt versuchen, sich das nicht anmerken zu lassen - oder sich als bemitleidenswerte Beziehungsopfer auf dem Altar der Partnerschaft zu präsentieren.
 
Pepi Hopf, Klaus Eckel, Olivier Lendl und Thomas Stipsits verkörpern diese männlichen Stereotype auf sehr unterhaltsame und überzeugende Weise. Hopf ist der Checker: ein zum fünften Mal glücklich verheirateter Pilot. Eckel ist der Parade-Macho: ein professionell seitenspringender Manager. Stipsits gibt einen eher simpel gestrickten Löschmeister und Lendl einen impulsiven Software-Entwickler. Für sie alle wird der Heizungskeller zunehmend zu einem Therapiezimmer, in dem sie unwillig aber unausweichlich den steinigen Selbstfindungstrip antreten.
 
Es ist natürlich kein Zufall, dass der „Männerhort“ seit fünf Jahren im deutschen Sprachraum landauf, landab für volle Theater sorgt. Und nicht nur dort. Zur Zeit läuft diese dicht gewitzte Komödie sogar in Estland und Bulgarien. Und in Berlin gibt es ab Ende Oktober die Wiederaufnahme der gefeierten Original-Inszenierung mit den Comedy-Stars Bastian Pastewka und Christoph Maria Herbst.
 
Die österreichische Version beschränkt sich nicht nur darauf, aus „Frankfurt an der Oder“ – als Synonym für übel beleumundete Provinz – „Attnang-Puchheim“ zu machen, sie erlaubt den vier heimischen Protagonisten auch, ihre jeweiligen Typen, Stärken und Sprachfärbungen in die Figuren einfließen zu lassen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätten sie den hochdeutschen Originalton übernehmen müssen. So aber funktioniert die Inszenierung von Vicki Schubert prächtig. Gescheite Pointen und wirksame Albernheiten halten einander die Waage - und bescheren selbst Boulevard-Skeptikern einen amüsanten Abend. Ganz abgesehen davon, dass sich der spürbare Spaß, den die Vier an ihrem turbulenten Miteinander auf der Bühne haben, auf das Publikum überträgt. Und das sogar im reichlich sterilen Ambiente des bei der Premiere auch noch mit einigen Tonproblemen raufenden „podium“ im Theater Akzent. Der Erfolgsstory des „Männerhort“ dürfte also auch in Österreich eine fulminante Fortsetzung beschieden sein.
 
Peter Blau
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