Kritik: Unschuldig

süddeutsche Zeitung 02.03.2012

 Pepi Hopf im Heppel & Ettlich

München - Pepi Hopf ist 41, geschiedener Familienvater, Wiener, gelernter Friedhofs- und Ziergärtner (ausgebildet am Wiener Zentralfriedhof) - und seit 1996 Kabarettist. Das erklärt so einiges: den kritischen Blick auf das Primat der Ökonomie in einem zugleich immer unproduktiveren System, die innere Freiheit, Kabarett nicht als Beruf (Hopf arbeitet tatsächlich wieder in einer Gärtnerei), sondern als Berufung sehen zu können, und natürlich das schon für normale Wiener typische, besondere Verhältnis zum Tod. Bei Hopf hat das schon immer nicht nur beißende Politik-, Wirtschafts- und Medienschelte ergeben, sondern auch gnadenlose Selbstreflektion - mitunter bis zur Selbstentblößung: Sein früheres Programm \'schleudern!\' etwa spielte er in Feinripp-Unterwäsche.

Im neuen Programm \'Unschuldig\' im Heppel & Ettlich geht er noch einen Schritt weiter. Bislang mit Bühnenfiguren und ausgefeilten Handlungen arbeitend, steht er nun frei assoziierend als er selbst auf der Bühne. Tatsächlich ist vieles autobiografisch, wenn auch übersteigert oder ausgebaut, und diese Offenheit bringt sein Thema \'Krise\' ganz nah ans Publikum heran: die der Wirtschaft, die persönliche Midlife Crisis wie die seiner Generation.

Das ergibt eine stets witzige, aber auch melancholische Plauderei. Vor allem im Rückblick auf die achtziger Jahre kommt die Gegenwart nicht gut weg, schon beim Vergleich des österreichischen \'Konsum-Läden\'-Sozialismus mit dem aktuellen Facebook- und Optionsschein-Kapitalismus. Ein Auftritt mit Haltung, sehenswert nicht zuletzt, weil dieser Auftakt zum \'Internationalen Kleinkunst- und Theaterfestival: Das Heppel geht fremd\' bestens illustriert, wie die Sicht auf dieselben Themen und Probleme durch den Standort, die Mentalität und den Gebrauch der nur scheinbar gemeinsamen Sprache unterschiedlich eingefärbt wird (nochmals Samstag, 3. März, 20 Uhr).Oliver Hochkeppel

Süddeutsche Zeitung

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