Kritik: Schleudern! Ein Abend Im Feinripp

kabarett.at

 

Die Waschtrommel ist rund, nicht aber das menschliche Dasein. Neurosen, Zwänge, Eitelkeiten und Begehrlichkeiten bestimmten den Homo sapiens schon immer, in der schönen neuen Medienwelt aber sind sie in einem Ausmaß öffentlich geworden, dass man ganz schön ins Schleudern kommen kann. Das zeigt Pepi Hopf in seinem aktuellen Kabarett-, nein Theaterstück, für eine Person. Regie hat – wie schon „Gib Dir Dein Leben zurück“ - wieder Leo Lukas geführt.

Seinen neurotischen Helden Karl Jirasek, Kunde in einem Waschsalon, bringt das Fehlen eines Sockens völlig aus dem zwanghaft organisierten Gleichgewicht. In einer Kaskade von Worten lässt Pepi Hopf seinen Herrn Karl zum Geiselnehmer werden, sich als „neuen Menschen“ ohne Utopien, dafür aber mit einem Hang zum Konsum outen und über die Welt des Fernsehens schleimen. Die Wurzel vieler neurotischer Störungen liegen in der Kindheit, darüber weiß man ja dank der Psychoanalyse bestens bescheid. An Karls Persönlichkeitsstörungen ist wohl die politische Enttäuschung seiner linkslinken Eltern schuld, die einstens in die DDR ausgewandert sind, das Scheitern ihrer Utopie miterleben mussten und so ihrem Sohn ziemlichen Ballast aufgehalst haben. Das alles lässt Pepi Hopf aus seinem Protagonisten die erste Hälfte des Abends lang heraussprudeln. Die Lebensbeichte als komisch-kurioser kabarettistischer Monolog ist lang schon ein durchaus legitimes Stilmittel auf den Kleinkunstbühnen.

Bevor sich dieser Monolog ermüdet, gelingt Pepi Hopf im zweiten Teil von „schleudern“ eine stilistische Volte: der Held des Abends wird für einige Zeit ruhig gestellt und Pepi Hopf gestattet sich eine Art Genre-Wechsel. Er lässt die bislang stummen Figuren zu Wort kommen und schlüpft in teilweise rasantem Tempo in drei höchst unterschiedliche Protagonisten. Der eine ist Hundekot-Beauftrager der ÖVP, der andere ein Produzent von Pornofilmen, der dritte Autor poetischer Kabarettstücke mit zwangsläufigem Engagement in der Comedyszene. Sie haben alle eines gemein: sie sind geil auf die schöne neue Fernsehwelt – für einen Auftritt in einer Talkshow würden sie – wie man bald merkt – alles tun.

Durch die Kreation dieser verschiedenen Figuren ergeben sich für Pepi Hopf viele Möglichkeiten zur Pointe, zur Persiflage und zum Spiel mit Dialekten und Sprechweisen, was vom Publikum sehr goutiert wird. Überdies kann er seine Medienschelte durchaus mit Witz darbieten, sein stets spürbares soziales Engagement einbringen und politisches Kabarett machen, ohne dass es mit dem erhobenen Zeigefinger daher kommt. Zuletzt gelingt es ihm auch die zwei so unterschiedlichen Teile eines Kabarettabends wieder zusammenzufügen, ohne zu große Verstörung beim Publikum angerichtet zu haben. Wo schließlich der fehlende Socken, geblieben ist – auch von dieser Ungewissheit wird man am Ende erlöst.

Ursula Burkert

 

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